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Kann man Crocophanten auch essen?


Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja, aber nur, wenn sie korrekt eingefangen, zubereitet und serviert werden. Schwierig, schwierig...


Der Jäger braucht

a) ein furchtloses Herz,

b) stabile Wanderschuhe,

c) ein großes, reissfestes, engmaschiges Netz,

d) ein Plastiktüte sowie

e) ein Mickimaus-Heftchen.


(Dies stellt schon eine erste Hürde dar, denn hat man einen tapferen Freiwilligen gefunden, der sich zur Jagd bereiterklärt, dann mangelt es meist an der passenden Ausrüstung. Und umgekehrt.)

Von einer Schusswaffe ist abzuraten, weil das Fleisch von Crocophanten bei Kontakt mit Metall ungenießbar wird: Schweissausbrüche, spontane Krämpfe im Gentalbereich und wochenlanger Durchfall würden dem Verzehr folgen!


Die Jagd auf die in Afrika lebenden Crocophanten gestaltet sich dann wie folgt:


1. Die Strategie:


Der Jäger startet am Südzipfel Afrikas (Kap der guten Hoffnung) und bewegt sich vorsichtig serpentinenartig - immer im Zickzack zwischen West- und Ostküste - nach Norden; Endpunkt: Kairo.

Der Kontinent hat eine Fläche von 30,3 Mio qkm. Wenn der abgelaufene Landstreifen 1 km breit ist, muss der Jäger maximal (nämlich im Extremfall: alle Crocophanten lungern am Ortseingang von Kairo herum) die gesamten gut 30 Mio km weit gehen; daher ist das stabile Schuhwerk unabdinglich!

Statistisch gesehen wird man das erste Tier jedoch schon viel früher erreichen: Da sich die Crocophanten als notorische Einzelgänger aus dem Weg gehen, sind ihre weiträumigen Reviere gleichmäßig über den Kontinent verteilt, so dass man mit etwas Glück bereits nach wenigen Millionen Kilometern auf ein Exemplar treffen wird.


2. Der Kontakt:


Sobald man einen Crocophanten sichtet, befindet man sich im gefährlichsten Abschnitt der Jagd. Das liegt daran, weil der Crocophant auch den Jäger sichtet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt stellt sich heraus, wie furchtlos das Herz des Jägers wirklich ist.

Naturgemäß fühlt sich der Crocophant persönlich bedroht und greift unverzüglich an, indem er zähnefletschend und ohrenschlackernd auf den Jäger zugaloppiert. Jetzt heisst es: nicht nervös werden, Ruhe bewahren und das Netz bereithalten...


3. Das Einfangen:


Hat sich der heranstürmende Crocophant auf etwa 10 Meter genähert, sollte man das Netz mit einer weit ausholenden Bewegung in die Luft schwingen. Ist das Tier noch zu weit entfernt, wäre die Aktion verfrüht, ist das Tier schon näher, hätte man keine Zeit mehr dazu (in diesem Fall ist es angebracht, zur Seite zu springen, damit die wütende Kreatur ins Leere läuft).

Wichtig ist noch, dass man das Netz in Richtung des Crocophanten wirft. Irgend eine andere Richtung würde den Jagderfolg (und auch die Kompetenz des Jägers) in Frage stellen.


Selbst nach der Einnetzung (Fachjargon für 'mit dem Netz umhüllen') des Tieres befindet man sich nicht auf der sicheren Seite: Da der Crocophant nur über ein relativ kleines Gehirn verfügt, ist er schlichtweg zu dumm, um zu erkennen, dass er bereits gefangen wurde, und fährt unverdrossen fort, den Jäger zu attackieren.

In dieser Phase heisst es nun: Renn um dein Leben! Das Lauftempo (soweit es die Wanderschuhe zulassen) ist hierbei so zu wählen, dass es mindestens so groß ist wie die Geschwindigkeit des Crocophanten. Ein geringeres Lauftempo würde wiederum den Jagderfolg (und diesmal auch die Lebenserwartung des Jägers) in Frage stellen.


Irgendwann wird der Crocophant dann vor Ermüdung einfach anhalten und stehenden Fußes einschlafen, wie es bei dieser Gattung üblich ist.

Der Jäger sollte also während der Flucht hin und wieder nach hinten schauen, um dieses Ereignis nicht zu verpassen, wenn er nicht blind vor Panik bis nach Kairo rennen will (was schon vorgekommen ist).


4. Die Ergreifung:


Sobald der Crocophant in Schlaf gefallen ist, kann man sich ihm vorsichtig nähern. In der Traumphase machen Crocophanten - analog dem Hin- und Hergewälze beim Menschen - ruckartige, tänzelnde Bewegungen, denen man tunlichst ausweichen sollte, will man nicht zu Tode getrampelt werden.


Ziel des Jägers ist es nun, das extrem empfindsame radix warzae burceli rutum (lateinisches Fachwort für 'Warzige Wurzel des Rüsselbürzels') des Tieres zu finden und beherzt zu ergreifen.

Hierbei handelt es sich um ein noppiges rudimentäres Organ mit hoher Nervendichte, dessen Funktion von der Wissenschaft noch nicht vollständig erforscht werden konnte. Es wird jedoch stark angenommen, dass das Tier mit seinem Burceli (wie es oft liebevoll genannt wird) unterirdische Wasserquellen ausfindig machen kann.

Ebenso deutet vieles auf eine wichtige Rolle des Organs bei der Partnerwerbung sowie beim Besamungsakt selbst. Während in progressiveren Kreisen die Überzeugung vorherrscht, dass das Burceli nichts anderes als den evolutionären Überrest eines verkümmerten, weil nicht mehr benötigten Schnorchels darstellt, bekräftigen neuere Thesen, dass es sich um eine genetische Neuentwicklung handelt, die notwendigerweise das viel zu kleine Gehirn ausgleicht. Kurz gesagt: Die Forschung hat noch keinen blassen Schimmer, wozu es dient.


Tatsache ist, dass man das Tier durch sanften Druck auf die zentrale Schleimlippe (laut 'Brehms Tierleben' in der aufklappbaren mittleren Fontanelle des Burceli zu finden) willenlos und gefügig machen kann, was bereits Anfang des 16. Jahrhunderts von neugierigen Sodomisten per Zufall entdeckt und leider Gottes auch schamlos ausgenutzt wurde (dies ist durch historische Schriften und Skizzen zweifelsfrei belegt).


5. Der Transport:


Hat man den Crocophanten dergestalt 'im Griff', lässt er sich ohne Widerwehr überall mit hinführen, in unserem Fall nach Kairo, wo der Jäger den Flughafen aufsucht und sich einen Platz für die Rückreise in sein Heimatland bucht.

Der Crocophant hingegen sollte ausreichend geknebelt, gefesselt und hübsch in Geschenkpapier eingeschlagen oder in einen Karton gepresst werden, damit man ihn als Gepäckstück aufgegeben kann. Offiziell ist die Ausfuhr dieser Tiere nämlich nicht gestattet.

Ausserdem muss dafür gesorgt werden, dass das 'Paket' gut im Frachtraum vertäut wird, denn mit einem Gewicht von bis zu 3 Tonnen könnte solch ein umherkugelnder Koloss die stabile Fluglage gefährden.


Grundsätzlich ist immer mit Problemen beim Zoll zu rechnen. Um dem zunehmenden Crocophantenschmuggel zu begegnen, haben die Kairoer Behörden an Flughäfen und Bahnhöfen mittlerweile scharfe Maßnahmen zur Verhinderung des illegalen Exports ergriffen.

Nicht weit entfernt von der Rüsselbürzelwurzel verwahrt der geschlechtsreife Crocophant in einer Hautfalte seinen sogenannten 'Rogen'. Dies ist eine schaumige, gelbe, widerwärtige Masse, in der sich die Erbanlagen befinden. Der Geruch des Rogen ist für eine menschliche Nase kaum wahrnehmbar, für speziell ausgebildete Rogenhunde jedoch ist dessen Auffinden ein Leichtes.

Diesem Umstand muss der Jäger Rechnung tragen, wenn er nicht von der Rogenbehörde geschnappt werden will, denn einen Crocophantenschmuggler erwartet in Kairo die Todesstrafe oder schlimmeres.


Bevor man den Crocophanten zum Transport verpackt, muss man den Rogenbollen aus der Hautfalte pulen und nach aussen ziehen. Dann kann man die mitgeführte Plastiktüte über die Masse stülpen und geruchsdicht verschließen. So ist die Fracht dann vor Entdeckung durch Rogenhunde sicher.


Der letzte Teil der professionellen Jägerausrüstung, das Mickimaus-Heftchen, kommt während des Nachhausefluges zum Einsatz: man kann darin blättern und die Bilder ankucken, um sich die Zeit zu vertreiben.


6. Die Zubereitung:


Zuhause angekommen, sollte sofort mit der Zubereitung begonnen werden, denn ein Crocophant ist im Exil nur begrenzt haltbar, neigt zum komisch müffeln und wird schnell sauer.


- Zuerst brauchen wir einen großen Topf mit einem Fassungsvermögen von etwa 12000 Litern. In diesen füllen wir dann 3 1/2 Liter Wasser und geben eine Messerspitze Salz hinzu. Gut umrühren.


- Dann nehmen wir eine Quietscheente und fuchteln damit vor dem Crocophanten herum; am besten auch etwas mit der Ente quietschen dabei. Da er jetzt denkt, wir wollten ihn bloß in dem Topf baden, lässt er sich bereitwillig mit einem Gabelstapler (in besseren Baufachmärkten anzumieten) in den Topf heben, denn Crocophanten lieben, wie viele Tiere des trockenen Afrika, das Plantschen und Sichnassmachen über alles.

Sobald der fette Brummer im Topf sitzt, können wir sehen, warum die 3 1/2 Liter Wasser völlig genügen.


- Leider sind ja nicht alle Teile des Crocophanten für den menschlichen Gaumen genießbar. Das meiste schmeckt quasi wie altes Katzenfutter, und der Verzehr des Rests ist aus medizinischer Sicht bedenklich. Wenn wir ehrlich sind - nur das Burceli taugt etwas.


- Der Crocophant muss nun auf kleiner Flamme ca. 2 Wochen vor sich hinköcheln. Nicht vergessen, das Fenster geöffnet und die Küchentür geschlossen zu halten, denn wie erwähnt, es fängt schnell an, komisch zu müffeln.


- Nach Ablauf der 2 Wochen ist das Tier gar. Es kann mit dem bewährten Gabelstapler aus dem Topf gehievt und auf einen sauberen Unterteller gesetzt werden. Mit einem Küchenmesser säbeln wir uns das Burceli ab, die restlichen knapp 3 Tonnen Crocophant deponieren wir im Fressnapf unserer Katze. Die wird sich wundern.


7. Serviervorschlag:


Das Burceli kann entweder in einer Pfanne mit etwas Butter erhitzt werden oder in kaltem Zustand zerstoßen und mit Süßstoff versetzt als Nachspeise dienen.

Zu gebratenem Burceli passen Teigwaren am besten, also z.B. 'Bratrüsselbürzelwurzel mit Spätzle' und zum Nachtisch 'Rüsselbürzelwurzelgrütze'.


Guten Appetit



© 2004 · B.O.Rasch

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